Shape ist
eine Legende im Schweizer Rap-Business. Seit den frühen Neunziger-Jahren ist er
als MC unterwegs und in der Szene aktiv. Wrecked Mob, AOH-Family, Dynamic Duo,
Solo-Releases und einige Bounce-Cyphers später ist er nun erneut am Start.
Zusammen mit dem Produzenten TReBeats veröffentlicht er mit „Zwei Für Eine“
ein neues Album. Zeit für ein Gespräch.
Tom: Shape, wie ist die Zusammenarbeit mit TReBeats entstanden und was
für eine Vision hattest du für das Album?
Shape: TRe hat mich vor 3 oder 4 Jahren
über Facebook geaddet und nach einem Feature für das JWho - Album gefragt. Ich
habe dies dann in Luzern aufgenommen und ihm geschickt. Wir hatten uns aber
nicht getroffen sondern einfach ab und zu über Messenger gechattet. Ich denke
es waren zwei Ereignisse die ausschlaggebend waren für unsere Zusammenarbeit;
beim chatten habe ich ihm mal ein paar Videoclips von chilenischen Rappern
geschickt. Dort besteht eine grosse Szene, soundmässig gehen die ziemlich auf
den 90er Flavour ab, wir haben gecheckt dass das genau unser Ding ist und haben
die Viddys gefeiert, über den Facebook Chat. Ich glaube wir sind auch heute noch
die einzigen hier die den Rap Chileno abfeiern. Na ja, dann hatte ich einen
Auftritt an einem Jam im Baselbeat und ich habe ihn spontan gefragt ob er mein
DJ machen will. Dort haben wir uns dann das erste Mal persönlich getroffen. Ich
habe dann gemerkt dass er sehr fokussiert, nüchtern, mit viel Eigeninitiative
sein Ding durchzieht. Das hat mich geflasht. Er hat mir dann immer mehr Beats
gezeigt, die mich immer allesamt zum rappen animiert haben. Es war folglich
logisch, dass wir was zusammen produzieren wollen. Erst sollte es nur eine EP
geben, nun ist ein Album daraus geworden. Unsere Vision ist ein klassischer, back-to-the-Roots
Sound, der uns zurück in die glorreichen Neunziger bringt, eine Hommage an die
HipHop - Kultur. Auf dem Album sind viele Features zu finden die einerseits von
TRe’s Camp wie PSL aus Rotterdam oder C-Real aus Schaffhausen kommen,
anderseits entstanden Features aus meinen „Kontakten“ wie z. B. Zitral, Poet
oder KWAT aus Basel. Und am Ende haben wir dann noch spontan ein paar Artists
gefragt die uns beiden sehr gefallen. Darum will ich noch betonen, dies ist
nicht einfach mein Solo Album, sondern unseres gemeinsames Werk.
Tom: Welche Aspekte sind dir generell wichtig wenn du Texte schreibst?
Shape: Ich weiss gar nicht was mir generell
daran wichtig ist. Meine Texte entstehen eher spontan, ich schreibe sie auch
nicht mehr auf, sondern sie fallen mir mehr oder weniger ein wenn ich die Beats
höre, meistens beim Autofahren. Persönlich mag ich eher einfache Texte, mit
klaren Messages ohne viel Firlefanz. Und flowen sollte es auch irgendwie, ist
ja Musik und nicht Theater. Am wichtigsten ist mir dass der MC einen eigenen
originalen Style hat, dass man ihn vom ersten Wort an erkennt, das ist ein
HipHop - Artist. Ja und Technik finde ich nicht wirklich relevant, ich finde
Rap ist eher Kunst als Sport. Viele haben super duper double triple Rhymes aber
ihre Lyrik ist einfach Kacke, naja, jedem das Seine, was mir nicht gefällt höre
ich mir nicht weiter an, no problemo.
Tom: Tre, seit
über 10 Jahren bist du als Produzent tätig und hast unter anderem Projekte mit
J-Who oder KT GORIQUE realisiert die ich auch extrem feiere. Wie bist du
ursprünglich zu dieser Boombap-Soundästhetik gekommen und was fasziniert dich
daran?
TreBeats: Zum einem sicher die Musik die
ich damals hörte (die, die ich heute auch noch täglich höre). Für mich gab es
nichts besseres als Boombap und die Neunziger. Ein DJ Premier, Stoupe oder auch
Pete Rock verhalfen mir zur Inspiration das auch zu versuchen. Ich war zur
dieser Zeit sehr motiviert, und opferte meine ganze Freizeit nur für die Musik,
was mich dorthin brachte wo ich jetzt heute bin. Es ist der Stil, aber auch die
Zeit an sich die mich so geprägt hat, weshalb ich den 90er so verfallen bin.
Dieser Stil vergeht in meinen Augen nie und bleibt für mich original. Diese
Art von Hip Hop wird mich für immer auf meinem Werdegang begleiten.
Tom: Wie bist du
bei „Zwei Für Eine“ produktionstechnisch vorgegangen? Gibt es, je nachdem mit
wem du arbeitest, Unterschiede in der Herangehensweise?
TreBeats: Es gibt da keine unterschiedliche
Herangehensweise. Diese ist immer dieselbe. Sample diggen, Sample choppen, Beat
produzieren – die klassische Art. Natürlich gibt es hier etliche andere
Möglichkeiten einen Beat zu produzieren, aber ich bevorzuge den klassischen
Stil weshalb ich ein Sample-Digger bin. Nach einigen Jahren hast du da einfach das
richtige Gefühl, und weisst wie du vorgehen musst. Allerdings war es bei diesem
Album schon speziell – hier wollte ich alles geben weil es für mich eine Ehre
war mit einem Schweizer Pioneer ein Projekt zu realisieren, und ich hoffe es
hat sich gelohnt ;)
Tom: Shape, Mitte der Neunziger war ich an einem Gig von Wrecked Mob. Ihr
wart damals ein wilder und kreativer Haufen von MC’s, DJ’s, Produzenten und
Sprayern. Was für Erinnerungen hast du an diese Zeit?
Shape: Viele, viele Erinnerungen. Es war
nicht alles so Friede, Freude, Eierkuchen wie das heute vielleicht rüberkommt.
Ich habe viel gelernt von den Wrecked Mob - Membern, ich war ja ein kleiner Toy
vom Land als sie mich in die Crew aufgenommen haben. Was viele vergessen, wenn
sie Dynamic Duo als die Realness des Schweizer HipHop feiern ist, dass wir mit
WM auf einem Major waren. Wir mussten auch Singles fürs Radio machen und Hits
schreiben. Wir haben auch gedacht, wir machen jetzt dann Songs und nicht einfach
Tracks. So wie die Jungen heute, die einen Deal ergattern. Nur waren wir nicht
wirklich dafür gemacht, zu viel HipHop in der Seele. Darum waren wir meines
Erachtens auch nie wirklich erfolgreich. Aber es ist gut so wie es war, mir
hatte es die Augen geöffnet. Die Liebe zur HipHop - Kultur habe ich nie verloren,
das Interesse am „Musikbiz“ hingegen schon lange. Ich will die Zeiten aber
nicht missen als wir z.B. mit Tafs, Bligg n Lexx, Rokator, Samurai und Gleiszwei
die Ändspurt Tour durchführten. Das war legendär. Habe leider nur noch
bruchstückhafte Erinnerungen an diese Gigs, weil es dann halt schon ziemlich
feucht fröhlich zu und her ging.
Tom: Wie hat sich Schweizer Rap aus deiner Sicht entwickelt?
Shape: Schweizer
Rap hat sich wirklich weit entwickelt. Mir fehlt leider oft die Originalität,
liegt wohl auch an der riesigen Masse von Rappern heute. Der Kontakt zu den
anderen Elementen der HipHop Kultur ist zu 90% verloren gegangen, denke ich. Wir
sind halt damals von Jam zu Jam gereist, heute ist Rap ein Allerwelts-Ding und
es scheint ziemlich uncool zu sein sich mit Bboys und Graffiti-Artists zu
umgeben oder mit einem DJ der mal 10 Minuten auf einem Live - Gig cuttet. Oder
mit einem Rucksack auf `ner Party zu erscheinen. Auf der anderen Seite gibt es
auch Junge die die alte Zeit zelebrieren, ohne dass sie damals dabei waren.
Jedenfalls ist das Ganze sehr gross geworden, und viele Leute leisten auf ihre
Weise gute Arbeit. Ich will das nicht weiter beurteilen und gönne jedem sein
Stück des Kuchens. Die neue Generation hat aus meiner Sicht die gleiche Berechtigung
HipHop auf ihre Art auszuleben, so wie wir es für uns in den 80er oder 90er
machten. Auch wenn ich vieles Heute nicht verstehen oder nachvollziehen kann,
haha. Sie sollten einfach nicht vergessen wo das Ganze herkommt und wer für sie
den Weg bereitet hat. So wie auch ich die Pioniere der 80er Jahre respektiere
und ihnen dafür meine Liebe zeige.
Tom: Welche Musik hört ihr aktuell privat?
Shape: Ich höre viel Soul und Reggae Musik.
Ich habe auch gerne Genre-übergreifende Sounds aus der ganzen Welt, ich liebe
die Kombination aus traditionellen Sounds und Soul/Funk/HipHop. Ausser Ländler/HipHop,
dem kann ich nichts abgewinnen, hehe. Immer wieder auch gerne Boombap - Shit
von 1990-1999, was Rap betrifft höre ich abgesehen von den alten Sounds fast
ausnahmslos südamerikanische Sachen. Da gehen ich und TRe darauf ab. Auf unserem
Album haben wir ein Feature mit einem Member von Salvaje Decibel, eine unserer
Lieblingscrews aus Santiago de Chile. Schon dafür hat es sich gelohnt ein Album
zu machen ;-)
TReBEATS: Ich höre eigentlich
ausschliesslich Hip Hop. Boombap, alles aus den Neunziger, aber auch die
Anfänge des Hip Hops und die späten Achtziger (Ain't No Half Steppin!). Ich
kann mit dem heutigen Stil, zum Beispiel „Trap“, gar nichts anfangen, hat mir eindeutig
zu wenig Message, Inhalt und Authentizität. Aber natürlich höre ich auch sehr
gerne Soul und Funk was natürlich ein Vorteil ist als Sample-Digger. Ansonsten feier ich, wie Shape bereits
gesagt hat, die südamerikanischen Sachen total ab, vorallem Hip Hop aus Chile
(Funky Flu what up!).
Plattentaufe: 10. Juni 2017 @ Bar59 Luzern