Donnerstag, 14. Januar 2016

„Die Vision war ein zweites richtig deftiges Rap-Album zu machen“


Der Luzerner Rapper Mimiks releast aktuell sein neues Album „C.R.A.C.K“.

Zeit für ein Gespräch.



Tom: Dein letztes Album, dein erstes offizielles, ging straight auf Platz Eins. Was hat dieser Erfolg in dir ausgelöst?

Mimiks: Erfolg ist immer relativ. Man sieht so viele Leute die extrem Erfolg haben und man sieht Leute die gar keinen Erfolg haben, mit dem was sie machen. Als Mensch hat das Ganze bei mir nicht wirklich etwas geändert. Die Erwartungen verschieben sich jedoch und die Relationen ändern sich. Unterdessen haben ich schon ganz andere Ziele. Ich würde mich da auch nicht zwingend als sehr erfolgreich bezeichnen. Man kann das immer auf beide Seiten sehen. Es gibt 19-jährige, die spielen in der brasilianischen Fussball-Nationalmannschaft und es gibt 19-jährige, die leben auf der Strasse in Nordkorea. Das ist halt alles sehr relativ. 

Tom: Hat sich dein Umfeld verändert?

Mimiks: Ich als Mensch habe mich wie gesagt nicht unbedingt verändert. Mein Umgang mit der Aussenwelt hat sich verändert. Es kommt der Punkt, wo du den Kreis schliesst. Im Moment ist es sehr schwierig, dass jemand den ich nicht so gut kenne oder zu dem ich keine Vertrauensbasis habe, ein intimes Verhältnis zu mir aufbauen könnte. Ich habe derzeit keinen Bock mich allen Leuten zu öffnen. Du weisst nicht aus welchen Grund die mit dir reden möchten oder befreundet sein möchten. Ich weiss einfach wer meine richtigen Kollegen sind und wer nicht. Auch wenn wir unterwegs sind auf Konzerten sind mehr oder weniger immer die gleichen Leute dabei. So bleibt alles etwas geschlossen, gewissermassen. Ich gehe auch nicht mehr so oft in den Ausgang wie früher. Das ist ein bisschen schwierig, so. Ich habe auch kein Bock dass irgendwelche Videos aus Clubs oder wo auch immer von mir auftauchen. Da bin ich auch ein bisschen paranoid was das anbelangt. Aber das alles ist mir in der Summe schon noch wichtig.

Tom: Du bist technisch sehr versiert, ein richtig krasser Spitter. Wieviel davon ist bei dir Talent und wieviel ist Arbeit bzw. Uebung? Ich weiss es gab eine Zeit da hast du zum Beispiel jeden Tag einen Sechzehner geschrieben.

Mimiks: Ja, das stimmt. Vielleicht 20% Talent und 80% ist Training. Das tönt jetzt etwas krass. Ich behaupte nicht, dass dies bei allen so ist. Bei meinem Skill-Level geht es um Automatismen trainieren. Wie soll ich dir das erklären...es geht darum die Feinheiten in die Flows zu packen. Du musst dich damit beschäftigen, du musst es hören und du musst es fühlen. Ich finde es steckt sehr viel Disziplin dahinter. Das musst du auch lernen. Es muss frei nach vorne losgehen, dann musst du auch gar nicht mehr viel überlegen. Wenn sich das Ganze in’s Unterbewusstsein eingearbeitet hat, kannst du dies dann auf einer ganz anderen Ebene machen. Dann musst du den Beat gar nicht mehr catchen, passiert alles wie automatisch.

Tom: Welche Aspekte sind dir generell wichtig wenn du Texte schreibst?

Mimiks: Das ist nicht immer gleich. Manchmal geht es darum einfach frei zu sagen, was ich in dem Moment fühle. Das muss dann auch nicht immer gross Sinn machen. Es muss sich einfach gut anfühlen. Manchmal nehme ich mir aber vor dies und dies zu sagen in einem Song. Ich gehe aber meistens nach Gefühl. Dies ist einfach sehr ehrlich. Wenn dein Gefühl dir sagt dass etwas nicht so gut ist, obwohl es theoretisch ein guter Text wäre, eine geile Message hätte dann ist es vielleicht wirklich nicht so gut. Das Grund-Gefühl ist entscheidend. Wenn das nicht stimmt, dann mache ich gar nicht erst weiter. 

Tom: Kommen wir auf das neue Album zu sprechen. Ich denke du hattest dafür eine bestimmte Vision im Kopf. Kannst du uns diese kurz erläutern?

Mimiks: Die Vision war ein zweites richtig deftiges Rap-Album zu machen. Soundmässig hat sich ja nicht viel verändert. Ich wollte einfach alles nochmal auf ein neues Level heben. In Bezug auf die Songs, auf die Videos, auf alles. Ich hatte vorgängig aber kein grosses Konzept wie das Album jetzt tönen sollte, insgesamt. Jeder Song ist in sich passend, das war wichtig. Anders würde das bei mir auch gar nicht funktionieren. Wie gesagt, bei mir muss das Gefühl dabei einfach stimmen. Die Intuition muss stimmen. Das Konzept hat sich nach und nach dann ergeben. Die Songs passierten einfach. Meistens nicht gross geplant. Das ist das Ding, so.

Tom: Du singst darauf zum ersten Mal auch mal eine Hook. Hattest du da einfach mal Bock drauf oder siehst du dies als logische Weiterentwicklung deiner künstlerischen Tätigkeit?

Mimiks: Ich hatte da schon öfters Sachen mit Melodie drin, jetzt. Ich bin da aber noch sehr unsicher. Ich kann auch nicht wirklich singen. Ich kann aber einer Melodie nachgehen. Zum Teil haben wir auch noch etwas nachgeholfen. Das ist mir egal. Ich bin Rapper, ich darf auch mal falsch singen. Wenn ich mir aber eine Fähigkeit geben dürfte, dann wäre es schon deftig singen zu können. Dann kannst du aus einem Song schon noch sehr viel mehr rausholen. Das bringt deine Musik schon noch auf einen anderen Level als wenn du einfach „nur“ rappst.

Tom: Du hast Beats von 9 verschiedenen Produzenten gepickt. Was muss ein Beat haben damit er bei dir auf einem Album landet?

Mimiks: Da sind wir genau beim Thema wie vorher. Das ist das schöne wenn du dir kein Sound-Konzept machst. Nichts ist unpassend. Ich kann jeden Beat picken und wenn ein geiler Song daraus entsteht, ist es mir scheissegal ob es in ein Konzept passt oder nicht. Bei allen diesen Beats stimmt der Gesamteindruck. Es gab auch noch andere die wurden aber nicht fertig bzw. wir haben sie nicht weiter fertiggestellt. Die haben einfach nicht gepasst. Alle gepickten Beats haben die Eigenschaft, dass sie mich in ihrer Stimmung gecatcht haben. In ihrer melancholischen oder Banger-mässigen Stimmung. Manchmal ist es auch nur ein Element von einem Beat der mich catcht. Das ist es dann schon für mich wert darauf zu schreiben.

Tom: Ich habe dich 2015 zweimal live gesehen in Frauenfeld und am Blue Balls in Luzern. Es war jeweils eine sehr gute Show mit viel Energie und Druck. Der Sound war fast noch besser als auf dem Album. Wie wichtig ist dir dieses Live-Ding?

Mimiks: Ich war von Anfang an ein Live-MC. Früher hatte ich ja viel Freestyle-Battles gemacht. Ich weiss vom ersten Moment an, wo ich auf eine Bühne gestiegen bin, dass mir dies zusagt. Schon in der Schule habe ich immer gerne Vorträge gehalten. Dieses Feeling habe ich irgendwie in meinen Genen. Bezüglich live...viele Musiker die ich zum Beispiel auf Platte nicht so gut finde, können live dann trotzdem eine gute Show bieten. Das kann ich dann auch feiern und respektieren. Viele Leute die jetzt für mich langweilige Musik machen oder nicht viel aussagen aber live trotzdem sehr brutal unterwegs sind. Das ist so das Tüpfli auf dem i. Es ist halt einfach auch geil eine deftige Show abzuliefern. Man muss auch sagen, dass wenn man eine krasse Show gespielt hat, so zum Beispiel in Frauenfeld, dann kommt auch vom Publikum sehr viel zurück. Da ist es dann aber auch wieder schwierig, sich auf Gigs einzulassen wo du dann nicht mehr so krasses Feedback zurückbekommst. Manchmal muss man sich da auch ein bisschen zwingen, so. 

Tom: Oder sich das Ganze generell in anderen, kleineren Dimensionen befindet.  

Mimiks: Die Dimension ist gar nicht so schwierig. Aber du hast es vorher richtig gesagt: Beide Shows waren recht deftig. Frauenfeld mit dem Hip Hop – Publikum war vollgeil. Alle Fans, alle am abgehen. Blue Balls war publikumsmässig dann etwas anders. Viel Laufpublikum, dann ändert sich die Situation schlagartig wieder. Die kennen die Songs nicht, die gehen nicht automatisch ab. Die musst du abholen. Das sind dann die Konzerte, die eine grössere Herausforderung darstellen. 

Tom: Welche Musik hörst du aktuell privat?

Mimiks: Oft gehört habe ich das The Weeknd – Album. Das neue Greis – Album und ich höre auch immer noch viel deutschen Rap. Ich will wissen was da abgeht. Dann auch Machine Gun Kelly. Ich habe aber auch gemerkt, dass ich langsam etwas älter werde. Plötzlich hatte ich auch das Gefühl, dass ich die alten Sachen von früher geiler fand als die aktuellen. Da war ich früher voll dagegen, dass man sowas sagte. Aber ich habe wieder viel Musik von so 2007/2008 rum gehört. Da ist ja fast schon wieder 10 Jahre her. Finde ich geil das alte Zeugs. Mir gefallen da einfach die Beats aus dieser Zeit. Ich kann ja auch nicht nur die ganze Zeit Trap hören. Ich bin generell ein sehr offener Musik-Fan und beschränke mich nicht nur auf Hip Hop. Ich habe auch lange Zeit jetzt keine Musik-Datenbank geführt. Früher als es noch keine Streaming-Dienst gab, habe ich viel Musik gesammelt. Damit habe ich wie aufgehört. Eher so alles über YouTube gehört und vielleicht mal was bei iGroove gekauft. Das ist sehr schade, eigentlich. Früher als Teenager hatte ich den ganzen Computer voll mit Sound. Es ist halt auch sehr zeitaufwändig da wieder alles downzuloaden und zu katalogisieren etc. 

Tom: Ja, diese Entwicklung ist schon schade, eigentlich. Ich war noch Vinyl-Sammler, da hattest du ein richtiges Teil in der Hand, mit dem du dich befassen konntest. Mit allen Infos und Credits wer was produziert hat und so weiter. Oder auch bei der CD hattest du dies noch. Heute streamst du und fertig. Weiter gehts zum nächsten Song.

Mimiks: Ja, genau. Dinge wie Credits interessieren heute fast niemanden mehr. So läuft es heutzutage. Das ist der Wandel der Zeit. Alles ist sehr schnelllebig geworden. Du musst immer schneller werden. Je nach Situation schneller wieder ein Album veröffentlichen. Es ist keine Langlebigkeit vorhanden. Ich habe auch langsam das Gefühl, dass ein Album so wie ein Fussball-Match ist. So „ah ja, am Samstag kommt das und das..schauen wir schnell und dann weiter“. Das ist schon krass geworden, irgendwie.
 

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