Sonntag, 3. Januar 2016

#STAMMTISCH "Hip Hop im Kanton Zug" Teil 2


Teil 2 der Diskussionsrunde mit Fratelli B, Tomahawk, Weibello und Tom Blattmann. 
HIER findest du den ersten Teil.


Tom: Ein wichtiger Eckpfeiler für unsere Kultur als Location und Treffpunkt ist die Galvanik. Gab das in irgendeiner Form einen Impact für eure eigene Karriere oder eure künstlerische Tätigkeit? Wenn ja, inwiefern?

Tomahawk: Das war ein wichtiger Punkt für mich. Erstmal weil ich da mein erstes Konzert ever gesehen habe. Das war Anfang 1996 Das EFX. Das hat mich mitgerissen. Auch die nachfolgenden Jahre kamen immer geile Acts. Du hattest in deinem Kanton die geilsten Ami-Acts. Das war einfach megageil. Dann beginnst du zu rappen und findest so „wow, ich muss auf eine Bühne“. Ich muss das präsentieren. Dann war die Galvanik einfach die Location. I45 ist cool, aber die Galvanik ist das Tüpfchen auf dem i. Das hast du es ein Stück weit erreicht. Mittlerweile kann ich auf viele Konzerte in der Galvanik zurückblicken. Ein tolles Konzerthaus mit idealer Grösse. Gutes Umfeld. Ich weiss als die Galvanik 3 Jahre geschlossen war. Sie war ja abgebrannt. Während dieser Zeit fanden wir so „ok, wo wollen wir jetzt eine Taufe machen?“. Das war schwierig. Die Galvanik ist sehr wichtig für uns.

Flap: Für uns natürlich auch. Das A und O. Wir haben alle Konzerte besucht früher. Das war dann wirklich Kultur. Da müssen wir schon unterscheiden von dem was wir selber als Künstler machen. Wir haben so viele Sachen dort gesehen. Man merkt immer noch, dass ca. ein Jahr bevor die Galvanik abgebrannt ist, das Angebot langsam reduziert worden ist. Es gab weniger coole Konzerte. Die Eröffnung-Party war dann wieder cool. Dann aber kam ganz lang nichts mehr spannendes. So habe ich das wahrgenommen. Ehrlich gesagt: Wenn man von einer Szene spricht, früher war das in der Galvanik wirklich so. Die Szene hat sich dort getroffen. Alle Leute waren dort, egal ob jetzt ein Reggae-DJ aufgelegt hat oder wasauchimmer. Es hatte locker immer 150 Leute an einem Freitag-Abend. Das ist Kultur und auch Szene. So kriegt man als Kultur-Haus auch die Möglichkeit das Ganze aktiv zu fördern. Auch mal einem siebzehnjährigen Zuger zu sagen „hey, wir nehmen dich in’s Vorprogramm, du spielst vor 400 Leuten“. Da beginnt Kultur-Förderung. Da ist viel kaputt gegangen in den letzten Jahren. Ich möchte auch gar keine Schuldzuweisungen machen. Ich glaube, wenn über alle Jahre hinweg cool Konzerte gewesen wären, wäre auch die Szene hier wieder grösser. Da war jetzt ein Loch von ca. 4 – 5 Jahren. Vorallem in unserem Musik-Bereich. Jetzt ist aber wieder was in Bewegung. Es haben aktuell wieder ein paar Leute die Finger im Spiel bei denen ich glaube dass es gut kommt. Ich bin überzeugt davon, dass wenn nun wieder 2 Jahre gute Events stattfinden, die Leute wieder zahlreicher kommen. 

Chandro: Das ist noch gut zurückzuführen bezüglich Szene. Ich glaube früher hatten wir eine Galvanik-Szene. Diese 150 Leute waren immer da. Ich bin gar nicht sicher, ob das wirklich alles Rap-Leute waren. Da waren bestimmt auch Electro-Typen und viele mehr darunter. Aber es hatte ein Stamm-Publikum. Das ist das Problem heute. Ich war am Konzert von Redman da hatte es nur die älteren Leute und dann war ich am Massiv und Eko Fresh. Dort waren dann nur die Jungen. Dieser Mittel-Teil, von dort wo die Galvanik geschlossen war in diesen 3 Jahren, der fehlt jetzt. Diese Leute haben die Kultur im Kanton nicht so kennengelernt wie wir sie damals kennengelernt hatten. Die gehen vermutlich in’s Fabric jetzt und sind so Disco-mässig unterwegs. Das muss jetzt wieder aufgebaut werden. 

Weibello: Meine beiden älteren Bruder waren jedes Wochenende dort. Ich habe zu ihnen heraufgeschaut und war so „hey, Galvanik dort will ich auch hin“. Mit dreizehn war ich dort zum ersten Mal. Am Chlyklass-Konzert. Es war proppenvoll mit 700 oder 800 Leuten. Vielleicht gar nicht mal wegen dem Act selber, sondern weil man eben immer jedes Wochenende dort war. Dann wurde ich Sechzehn und hätte auch legal in die Galvanik gehen dürfen. Dann kam genau der Break. Das war für meine Generation total verschissen. In diesem Alter konntest du dann in Zug nirgendwo mehr hin. Industrie hat vielleicht mal was gemacht, aber du bist nicht in die L&G oder in’s Chicago reingekommen. Dann hat diese ganze Club-Szene begonnen. Luzern und Zürich sind ja sehr nahe. Viele gingen dann dorthin. Bezüglich Sprungfeder...ich durfte dann an der Wiedereröffnungsfeier spielen und das war für mich eine grosse Sache. Früher hatte ich als Konsument die Galvanik sehr genossen und jetzt spielte ich dort oft selber. Mittlerweile ist es immer noch cool dort zu spielen, aber es hat jetzt auch was von Normalität. Es ist so die Heim-Disco geworden. Ich konnte mich präsentieren. Ich muss auch Flap rechtgeben: Es hat megalange gedauert, aber ich glaube so langsam kommt es wieder ein bisschen. Noch ein Punkt zu Chlyklass. Die haben ja Mitte November wieder dort gespielt. Da waren es dann aber wieder leider weniger als 200 Leute. Die Anwesenden waren wohl auch bereits 2007 dort. Die alte Garde kam wieder, weil man etwas geholt hat, was damals gerockt hat. Ein paar Events wie Afterdinner-Party oder SchnauZug sind zwar voll aber sonst war leider nicht viel los.

Flap: Es gibt ja immer viele Ansichten wie man was machen sollte. Ich habe mir auch viele Gedanken dazu gemacht. Ich bin überzeugt, dass wenn du so eine Location hast, diese zweimal im Monat ausverkaufen musst. Wirklich grosse Künstler, dann hast innerhalb von 2 Jahren auf dein Stammpublikum wieder. Erst dann kannst du wieder Kultur-Föderung betreiben. Wenn du einem fünfzehnjährigen Weibello sagen kannst „hey, komm zu in’s Vorprogramm“. Dann hat er eine gute Plattform. Je früher man jetzt damit startet desto besser. Ich glaube wenn man die richtigen Acts buchen würde, würde es wieder funktionieren. Davon bin ich überzeugt.

Chandro: Bin gleicher Meinung. Aber man muss berücksichtigen, dass es allgemein für Konzerthäuser momentan keine einfache Zeit ist. Auch eine Schüür hat es nicht einfach. Es betrifft alle. Dies möchte ich noch zur Verteidigung erwähnt haben.

Tom: Habt ihr generell das Gefühl, dass ihr ausreichend Bookings bekommt?

Flap: Schweizweit gesehen ist es sicher sehr schwer wenn man aus Zug kommt. Aber dafür wirst du dann eher mal hier gebucht. Jeder hat seinen Heimvorteil. Klar haben wir nicht die grössten Open Air’s hier. Nach vier Jahren haben wir aber wieder mal das Rock the Docks gespielt. Wenn wir jetzt nicht aus Zug wären, hätten wir bestimmt nicht dort gespielt. Prinzipiell habe ich etwas Mühe wenn sich Künstler beschweren und nörgeln. Macht doch was. Ich möchte jetzt nicht die grosse Kelle schwingen, wir konnten auch nicht mehr in die Galvanik und mussten ausweichen. Wir gingen dann in die Chollerhalle. Anfangs war es auch zu gross. Wir blieben aber konstant dran und haben es versucht. Das letzte Mal haben wir sie dann gefüllt. Wenn du machst und dran bleibst gehst du deinen Weg sowieso. 

Chandro: Im oberen Segment bei den Open Air’s ist es dann einfach folgendermassen. Es sind politische Dinge die laufen. Die Booking-Agenturen supporten ihre Acts, das ist logisch und normal. Schade ist, dass viele Leute es nicht checken. Wenn ein grosses Open Air sein LineUp bekannt gibt dann bekomme ich Nachrichten wie „hey, warum nöd?“ oder „habt ihr kein Bock?“ So ist es nicht. Wir spielen immer, wenn wir angefragt werden. Wir sind jetzt auch nicht die Abzocker-Band die mit hohen Gagen übermässig viel Kohle schaufeln will. Geht überhaupt nicht um dies. Du nimmst was du kannst und gibst dein Bestes. Das gleiche Motto wie immer, so.

Flap: Es ist ein sehr grosser Unterschied ob wir von einem Open Air zum Beispiel in Malans oder einem in Bern sprechen. Wenn Malans zum Beispiel Breitbild buchen will dann ist das doch cool. Sie wollen exakt diese Band und es geht eben um genau diese Band. Wenn Rock the Docks findet wir wollen Fratelli B dann sollen sie uns eben buchen. Das ist die eine Art von Bookings. Wenn wir spezifische Rap Open Air’s anschauen, wo auch viele Touristen ranpilgern, dann heisst es vielleicht „Ja, wir wollen Steff la Cheffe und Stress“ und dann haben sie noch 5 Slots wo es dann eigentlich egal ist wer spielt. Die werden einfach verteilt. Ich übertreibe natürlich ein bisschen, aber es geht in diese Richtung. Das sind Politics. Das läuft dann über die 2 – 3 grossen Bookers in der Schweiz. Die pushen ihre Acts dann natürlich rein. Mit dem habe ich dann etwas Mühe. Scheissegal ob die Acts dann auch was taugen. Als Künstler fühle ich mich da etwas ungerecht behandelt. Aber auch hier wieder: Weitermachen. Kämpfen. Boxen. Mit Jammern spielst du nie dort.

Tomahawk: Es kommt darauf an, was du erreichen willst. Willst du dir den Arsch aufreissen bis zum allerletzten so dass du überall spielen kannst? Was hast und willst du für eine Marketing-Strategie? Ich persönlich kann immer wieder irgendwo spielen gehen. Ich bekomme Anfragen für hier und auswärts. Manchmal geht etwas mehr, manchmal etwas weniger. Ich bin nicht der Typ der jedes Wochenende immer irgendwo spielen will. Neben dem anderem was ich mache, ist mir dies zu stressig. Ich bin zufrieden so wie es ist. Zudem werde ich mittlerweile auch vermehrt für Rap-Workshops an Schulen oder sonstigen Events für Kinder und Jugendliche gebucht. Hip Hop ist so auch ein bisschen in mein Berufsleben eingeflossen.

Weibello: Das sind gute Aspekte von Hawk. Du musst als Künstler selber wissen, was du willst. Wenn eine offensichtliche Open Air – Band nicht an einem Open Air spielen kann dann ist etwas falsch gelaufen. Ich darf mich sowieso nicht beschweren, da ich ohne aktuelles Release froh bin, wenn ich überhaupt irgendwo auftreten darf.

Tom: Das stimmt nicht ganz.

Weibello: Ja schon, aber es ist zuwenig wenn ich nur irgendwo da und da ein Featuring mache. Nein, es geht ja nicht darum. Man kann könnte zum Beispiel auch zufrieden sein und sagen ich bin gar kein Open Air – Typ. Ich finde es eher scheisse wenn du als Künstler eigentlich an diese Open Air’s willst und du kannst nicht. Das mit diesen Politics finde ich eben auch. In Zug hatten wir dieses Jahr ein grosses Open Air. Das Pfadi – Open Air in Menzingen, ein einmaliger Anlass. Es waren dann genau 4 aktuelle Zuger Releases am Start: Fratelli B, Tomahawk, Stuck in Traffic und Stuberein. 4 Zuger Bands mit neuem Material. Niemand von denen wurde gebucht. Mich traf es auch persönlich, da das Open Air in meinem Dorf statt fand, hätte ich schon erwartet, dass ich dort auch spielen darf. Das sind Politics.

Flap: Ich finde halt man muss schon unterscheiden. Ein Anrecht irgendwo zu spielen hat niemand. Sorry, mein Vater singt hobbymässig Opern. Er würde auch gern im Opernhaus Zürich singen. Letzten Endes sollen doch die Leute bestimmen wer kommt. So hart wie es tönt. Ausser wir sprechen wieder von Kultur-Förderung. Ich hätte auch gerne in Menzingen gespielt. Wenn die oder das Publikum mich nicht wollen, so what! Da kann ich doch nicht grännen. Es steht mir nicht zu. Ich habe kein Anrecht darauf.

Tom: Rap war ursprünglich ein kritisches Sprachrohr der Gesellschaft und ist dies auch heutige noch. Mittlerweile ist Rap aber auch sehr kommerziell und populär geworden. Ist dies ok für euch oder würdet ihr es begrüssen wenn es wieder weniger kommerziell würde?

Tomahawk: Rap oder Hip Hop im Allgemeinen hat viele Facetten. Aus dem Ganzen ist viel entstanden. Das ist voll ok. Jeder soll sich das rausnehmen was er gut findet. Falls sich einer für die kommerzielle Schiene entscheidet ist das ok für mich. Für mich stimmt mein Weg den ich eingeschlagen habe, dies ist authentisch. Ich gehe auch nicht haten, ich hör mir einfach nicht an was mir nicht gefällt. Das sozialkritische gab es immer, vielleicht nicht immer an der Oberfläche. Viele sagen 90er Golden Era sei der Shit gewesen. Finde ich geil, super. Aber es gibt auch in der heutigen Zeit immer wieder geile Rap Acts, Bands oder Alben die mich ansprechen.

Flap: Sehe ich ähnlich. Das systemkritische ist einfach eine Waffe, eine Stärke von Rap. Wenn du wirklich was kritisieren möchtest ist das der beste musikalische Weg. Unser Track „Mini Stadt“ hättest du jetzt nicht so singen können. Das funktioniert im Rap eben am besten und wenn es Inhalt hat, wird es auch immer funktionieren. Mittlerweile gibt es halt viel Jiggy-Jiggy Hip Hop in den Charts. Das kratzt mich nicht gross. Ist mir ziemlich egal. 

Chandro: Ich finde es noch spannend. Man sollte es differenzieren. Deutschland funktioniert anders als die Schweiz, und Amerika ist nochmals anders. Bei den Deutschen ist es immer noch der Gangsta-Rap neben dem Pop-Rap der abgeht. Cro zum Beispiel macht sein Pop-Ding. Und diese Bushido’s dieses Gangster-Ding machen. Wenn du schubladisieren möchtest. Die sind gross und für viele andere ist es schwieriger. In der Schweiz ist es eher umgekehrt. Gangster-mässig haben wir eigentlich nichts. Was wir hier alle machen ist relativ straight. Gewisse Rapper klingen dann moderner und gehen in die Traprichtung und andere halten es eher klassisch. Aber die die durch die Decke gehen sind alle Pop. Die flirten mit dem Pop. Lo&Leduc oder Steff la Cheffe das ist Pop mit gerappten Inhalten. Das ist ein bisschen schade, dass „nur“ solche Acts grössere mediale Aufmerksamkeit geniessen. Bei uns muss man immer noch, wenn man wirklich durch die Decke gehen will, Richtung Pop schielen. So ein bisschen Bünzli-Musik. Tönt sehr doof, ist aber irgendwie so. Wegen dem kleinschrumpfen und grosswachsen...für die, die in der Szene sind, ist es in den letzten 10 Jahren eigentlich immer gleich geblieben. Es gibt diese Szenehelden, die es da und dort etwas weiter geschafft haben als anderen. Die gibt es nach wie vor. Etwas neuer ist, dass so ca. alle 5 Jahre einer richtig gross herauskommt, sich dann aus der eigentlichen Szene verabschiedet. 

Flap: Es ist effektiv so in der Schweiz. Alle hier die etwas grösseren Erfolg gehabt haben, haben Pop-Rap gemacht. Für uns Rapper ist das Pop. Das ist aber auch nachvollziehbar weil ich glaube mit diesem kritischen Ding ist es schwierig die Masse hier abzuholen. Es wirkt dann halt schnell wie jammern auf einem hohen Niveau. Wenn ein Ami rappt dass er nichts zu essen hat, dann können das viele nachfühlen. Wir kritisieren dann unsere Stadt und dann geht es um Sachen wie die Immobilienpreise sind hoch...das ist dann irgendwie lächerlich. Das ist eine Lappalie. Dies ist halt auch ein Punkt in der Schweiz.

Tomahawk: Das Ding ist...wenn du wirklich was kritisches raushaust, will das die grosse Masse überhaupt hören? Wollen die Medien dies verteilen? Es kommt drauf an, was es ist. Mein Tamiflu-Track zum Beispiel geht gegen die Pharma-Industrie und das System in dem wir leben. So ein Track wird nie gross werden. Zumindest nicht in den Medien, weil es an den Grundpfeilern des Systems sägt. Weil es das System angreift. Mainstream ist eher so Larifari-Rap an dem sich niemand stört.
 
Flap: Eine explosive Mischung, jetzt auch in Amerika, ist immer dann entstanden wenn jemand etwas kritisiert hat was die Breite Masse auch so gesehen hat. Dann hast du das Oel und das Feuer das zusammenkommt. „Mini Stadt“ hatte schon so ein bisschen das Potential dazu. Zumindest hier in Zug. Lokal haben wir sehr viel Feedback bekommen. Das ist wieder nörgeln auf hohem Niveau. Meine Eltern könnten zum Beispiel diesen Song eventuell sogar fühlen. Aber einen Lo&Leduc – Song fühlen sie dann halt auch. Darum verkaufen diese dann auch viel mehr als wir.

Tomahawk: „Mini Stadt“ ist ein Track der sich selber in der Stadt verbreitet hat. Der braucht gar nicht gross von den Medien gepusht zu werden. Jeder der sich damit identifiziert zeigt das weiter. Das ist cool, finde ich gut.

Weibello: Ich finde es ok dass Hip Hop kommerziell sein darf. Alles was gut ist, soll Erfolg haben. Was mich mehr stört ist, dass es immer und überall reinfliessen muss und dass dann Hip Hop so cool wirkt und rüberkommen soll. Mit Bio-Werbungen und so. Die Masse hat dann das Gefühl so „aha, das ist jetzt eben Hip Hop“. Das finde ich problematisch. Wenn ich mich in einer neuen Gruppe vorstellen muss, vermeide ich es voll zu sagen ich sei ein Rapper. Vielfach kommt es nicht gut oder vorallem falsch an. Der Ruf ist immer noch problematisch. Die älteren denken dann „ah, der macht so Bio-Werbung“ und die jüngeren so „Gangster, der will ein bisschen hart wirken“. Grundsätzlich ist es so, wenn du oben mitspielen willst musst du den Pop küssen oder sonst mega provozieren. Etwas intelligentes hat leider nie mega Erfolg. Hat es mal gegeben mit Sektion Kuchichäschtli aber sonst eigentlich nicht. In der Schweiz gibt es leider keinen der mir selber schon mega etwas auf den Weg gegeben hat.

Chandro: Ich glaube diesen Gedankengang haben viele Schweizer. So nach dem Motto: Wenn etwas von der anderen Haustüre kommt, kann es ja nicht besser sein. Das ist ein Mentalitäts-Problem. Wenn ein Ami kommt so „oh wow, ich muss den schauen gehen“. Die Ami-Szene verfolge ich in den letzten 3 Jahren nicht mehr so krass wie früher. Schweizer Musik ist viel besser als viele denken. Es gibt so viele Sachen die gut sind. Viele sagen hier so kleinlaut, wenn sie gefragt werden was sie machen „ich mache Musik“. Sei doch stolz darauf. Ich verstehe es ja, dass einige dann abgestempelt werden. Hey, man sollte doch stolz sagen können „hey ich rappe!“ Ich bin Lehrer. Früher oder später erfahren die Lehrer und Schüler was ich mache. Die Schüler sind cool damit. Die Fragen dann „geht es mehr in Richtung Farid Bang oder Cro?“. Bei den Lehrern ist es anders. „hey, voll cool, ist ja fast so wie Bligg!“. Ich denke dann: Bis doch einfach still. Ich hoffe das pendelt sich hier auch ein. In Amerika gibt es ja einige Rapper über 40. Das ist dort einfach normal. Diddy hat zum Beispiel zum Geburtstag sein Mixtape rausgehauen. Voll geil. Aber wenn du Mister Weibello nicht einmal von dir sagst dass du Rapper bist, dann musst du dich au nicht beschweren, wenn andere von Rap ein falsches Bild haben. Sei doch stolz darauf zu rappen und nicht „nur“ ein Musiker zu sein.

Tomahawk: Cool ist auch, dass die Jugend heute mit Schweizer Rap aufwachsen kann. In meiner Zeit damals war das nicht so der Fall wie heute. Es gab ein paar wenige. Ich habe auch Englisch oder Hochdeutsch gerappt am Anfang. Dann hast du mal Wrecked Mob gehört und festgestellt dass es Leute gibt die auf Schweizerdeutsch rappen. Voll geil. Das wollte ich dann auch. War auch komisch zu hören am Anfang für die Leute. Aber dies war egal, wir lebten einfach den Hip Hop – Spirit. Durch die Aufbau-Arbeit der Pioniere und die weiteren Generationen konnte es dann wachsen.

Flap: Die Schweiz bietet auch Vorteile. Als ich das erste Mal ein Schweizer Rapper gehört habe konnte ich es kaum fassen. Ich glaube es war Gleis Zwei und es war dann nicht mehr „Straight outta Compton“ sondern Zürich, Langstrasse und Kreis 4 und so. Ich habe mir gedacht „wow, diese Zürcher Rapper sind ja noch cooler als diese Amis“. Diese Nähe verbindet uns extrem und ist auch eine Waffe. Du musst sie nur nutzen. Wenn ich „Mini Stadt“ auf englisch rappen würde, würde dies keiner mehr fühlen. Diese Nähe, auf Schweizerdeutsch, berührt viel mehr.

Chandro: Viele Leute, auch der durchschnittliche Radio-Hörer will dies gar nicht hören. Der will einfach ein bisschen Gedusel. Bisschen mitpfeifen und nebenbei ein bisschen Arbeiten. Dann ist es wieder ein Fluch, das Schweizerdeutsche. Dann verstehen sie noch was und müssen dazu sogar noch überlegen. Das gibt es auch. 

Tom: Welche Musik hört ihr aktuell privat?

Tomahawk: Die neue Tomahawk & Cut-EFX EP "Sinkendi Schiff" die am 8 Januar erscheint. Apollo Brown, Killah Priest, Canibus, Umse und Cr7z. Aber auch viele andere Sachen. Manchmal wenn ich genug von Hip Hop habe, schmeisse ich auch mal chillige Meditations-Musik rein. Oder auch Reggae. Als Rapper darf man auch mal was anderes hören. 

Flap: Schwierig etwas herauszupicken. Viel Soul und Jazz – Sachen wie Gregory Porter. Shindy wegen der Akkustik und ich freue mich auf das Album von Azad. 

Chandro: Ich höre vorallem Beats im Moment. Oder ich höre unser neues Projekt, dass dann hoffentlich bald releast wird, um Zeilen ausbessern zu können. Als letztes habe ich mir das Jadakiss – Album gekauft. Ich freue mich auch auf’s Azad – Album und auf Prinz Pi. 

Weibello: Ich habe viel Musik gekauft in diesem Jahr. MoTrip lief bei mir rauf und runter. Ich höre auch viel Beats. Mir geht es auch um die Musik. Da könnt ihr lachen jetzt, aber wenn Adele so ein Song veröffentlicht muss ich sagen, dass der einfach sackstark gemacht ist. Auch die französische Chanson-Sängerin Zaz finde ich cool. Ich verstehe nichts aber spüre die Emotionen. Gute Musik gehört gefeiert.

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