Die Berner Lo & Leduc können aktuell grosse
Erfolge vorweisen. Ihr Album „Zucker fürs Volk“ hält sich seit über 60 Wochen
hartnäckig in den Charts und sie erhielten diverse Ehrungen an den Swiss Music
Awards. Hinter den beiden steckt aber viel mehr: zwei herausragende
Persönlichkeiten. Zeit für ein Gespräch.
Eure ersten drei Alben waren Gratis-Downloads. Was
habt ihr für Erinnerungen an diese Zeit?
Lo: Sehr viele gute. Es war auch immer anstrengend, weil wir unter Druck am besten arbeiten. Alle drei Alben haben wir in sehr kurzer und intensiver Zeit produziert. Das war die Zeit, in der wir auch ein grosses und unglaublich gutes Netzwerk an Produzenten, Musikern und sonstigen intelligenten und spannenden Leuten aufbauen konnten, die nach wie vor mit uns Musik machen. Das war so etwas wie der zweite Grundstein. Der erste war unsere Band Pacomé. Auch sie ist uns erhalten geblieben. Dafür sind wir sehr dankbar.
Aktuell habt ihr grossen Erfolg und befindet
euch auch auf einer sehr grossen Konzert-Tournee. Was hat dieser Erfolg in euch
ausgelöst?
Leduc: Wir
haben immer wieder viele freudige Erlebnisse, weil wir so viele Konzerte
spielen dürfen. Konzerte zu spielen war unser Grundziel am Anfang, darum
wollten wir auch unbedingt wieder releasen. Sonst hätten wir auch einfach in
unserem Bandraum, unter Freunden, etwas Musik machen können. Was generell auch völlig
ok ist. Aber die Bühne ist an sich der schönste Teil des Ganzen. Neu gibt es
natürlich auch mehr Mails als früher und einige Dinge, die man vielleicht nicht
unbedingt bräuchte. Aber auch das gehört dazu. Ich glaube aber, dass sich vor allem
die Aussenansicht stark verändert hat. Unser Team ist immer noch dasselbe.
Hat es irgendeinen Moment in eurer Karriere
gegeben, der euch am meisten geprägt hat?
Lo: Es sind
ja alles eigentlich alles lose und sinnlose Dinge, die auf dieser Welt
passieren und es hängt davon ab, welchen Ereignissen man wie Sinn zuspricht. Ich finde ein
Moment der Symbolcharakter hat, war als Leduc lange Zeit fort war und dann
zurückkehrte. Dann trafen wir uns in unserem Uebungskeller und haben einander
Texte gezeigt, die wir in diesen ca. 8 Monaten geschrieben hatten. Da waren wir
fast schon etwas schockiert, weil wir gemerkt hatten, dass wir unabhänig
voneinander über gemeinsame Thematiken geschrieben hatten. Da merkten wir
schnell „OK – das ist ein Lied“ und haben es kurzum zusammengebastelt. Und hier
und hier auch. Unser erstes Album „Update 1.0“ ist mehr oder weniger so
entstanden, dass wir eben diese Texte so zusammengefügt haben. Das hatte
unglaublich gut gepasst. Das war so der Beginn von unserem gemeinsamen
Schreiben und Musik machen.
In eurer Musik arbeitet ihr viel mit Bildern und
bei den Texten gibt es oft auch mehrere Bedeutungsebenen. Welche Aspekte sind
euch generell wichtig, wenn ihr Musik produziert?
Leduc: Was
du ansprichst sind sicher so textliche Herausforderungen, die man sich selber
setzt. Es ist auch für uns spannend zu sehen, wie sich das auch verändert. Früher
haben wir oft alle möglichen Wortspiele zu Themen gesucht. Das kann man auch
übertreiben. Wenn wir zurück auf die Releases schauen, gibt es Texte, die wir
heute nicht mehr gleich intensiv mit diesen Wortspielereien schreiben würden. Wahrscheinlich,
weil wir diese Art des Schreibens ausgereizt haben. Aktuell gibt es wohl
weniger Wortspiele, als die Leute vielleicht Freude daran hätten. Wir wollen aber
auch immer wieder Dinge ausprobieren. Jetzt beim aktuellen Album haben wir
sicher viel auf Strophen und Struktur geschaut. Wie kannst du Texte verdichten,
verkürzen. Vielleicht etwas wichtiges wiederholen, das sind so die Prozesse.
Musikalisch gesehen hat jedes Album von uns seine eigenen Herausforderungen,
die wir uns selber gesetzt hatten, mitgebracht. Das ist gut so, sonst wird es langweilig.
Das merken wir jetzt auch innerhalb eines Album, darum haben wir auch eine neue
Live-Umsetzung gemacht. Sonst würden wir auf der Bühne etwas gelangweilt dastehen.
Das war aber sehr allgemein, jetzt.
Lo: Als wir
zusammen mit Dodo angefangen haben „Zucker für’s Volk“ zu produzieren, trafen
wir uns zu einer Sitzung, in der wir die Klangvision definieren wollten. Auf
einem riesengrossen Blatt Papier, haben wir Bands, Instrumente, Lieder oder
Textpassagen oder irgendwas aufgeschrieben. So wie wir uns eben vorstellen, wie
das Ganze klingen soll. Das war ein ewiges Hin und Her. Zuerst war es zu sphärisch-rappig
und dann war es eine Zeit lang nur noch Pop und dann sind wir wieder zurückgegangen.
Das war ein langer und mühsamer Prozess, bis wir fanden: „OK – so tönt es gut“.
So haben wir uns dann gefunden.
Lo, du hast mehrmals das Ultimate MC Battle
gewonnen und bist auch immer noch mit der Freestyle Convention unterwegs.
Welche Eigenschaften findest du für einen Rapper am wichtigsten?
Lo: Meinst
du spezifisch als Freestyle-Rapper?
Nein, generell. Oder findest du, dass
freestylen zwingend in das Gesamtpaket eines guten Rappers gehören muss?
Lo: Ich
finde freestylen ist da nicht wichtig. Aus meiner Perspektive gibt es wenige
gute Freestyle-Rapper die wirklich gute Texte schreiben. Wenn jemand beides
kann, dann finde ich das sehr gut. Wenn ich mich entscheiden muss, dann bin ich
sehr glücklich, wenn jemand gute Texte schreibt. Mir ist das lieber als wenn
jemand gut freestylen kann.
Ihr seid, zusammen mit Steff la Cheffe, die
Vorreiter der neuen Berner Schule, die die Vibes teilweise etwas anders interpretieren.
Mittlerweile beeinflusst ihr auch eine jungere Künstlergeneration wie z.B.
Dawill oder den jungen Rapper Nemo, wo ich ganz klar etwas Leduc heraushöre. Nehmt
ihr das auch so wahr und wenn ja, wie geht ihr damit um?
Leduc: Bei
Nemo ist das sehr spannend, er ist wirklich sehr jung. Jemand aus unserer Band
hat ihn entdeckt und wir haben es alle voll gefeiert. Er ist wirklich ein
grosses Talent für sein Alter. Parallelen habe ich auch gesehen, aber ich habe
mich grundsätzlich gefreut. Ich mache ja auch Sachen, die mir gefallen. Wenn
wir es so prägen können, dass uns anderes auch mehr gefällt, dann ist das
schön. Die Frage ist, ob wir das dann aber wirklich gemacht haben. Bei ihm habe
ich dann online auch gesehen, wie er sich genau gegen solche „Vorwürfe“
rechtfertigen muss. Es ist abstrus einem 15-jährigen solche Vorwürfe zu machen.
Hauptsache ist doch, dass er Musik macht. Seinen Liedern merkt man sehr stark an,
dass dies eben seine Musik ist. Ich glaube wir atmen einfach die Luft derselben
Zeit ein und checken vermutlich die gleichen Sachen aus. Stromae ist gut und
darum tönt die neue Greis-Single so wie sie tönt und darum tönt unser Album so
wie es eben tönt. Das ist der Zeitgeist. Ich verbinde das nicht zu fest mit mir
und er macht das auch nicht und darüber bin ich auch froh. Er ist ein sehr eigenständiger
Künstler für sein Alter. Die anderen Jungen sind auch gut. Es kommt krasses
Zeug. Ist recht lustig, die Jungen sind voll oldschoolig. Wenn du vorher von
Vibes gesprochen hast, die wir anders interpretieren sehe ich auch, dass die Jungen
recht weit zurückgehen. Dawill hat ziemliche Oldschool-Beats. Finde ich recht gut.
Lo: Und er
ist wirklich virtuos. Ich freue mich jedes Mal. Er wirkt so als hätte er seine
Form noch nicht gefunden und das meine ich in einem explizit positiven Sinn. Er
fängt irgendwo an und hört irgendwo auf, man fragt sich immer: „Was passiert
jetzt und wo geht er jetzt hin“ und dann wechselt er noch die Sprache: Wird es Spanisch,
Deutsch oder Englisch? Das ist sehr spannend zu hören.
Was hört ihr derzeit selber für Musik?
Lo: Aktuell
habe ich mir gerade ca. 4 mal einen kompletten Live-Auftritt von Manu Chao
angehört. Er und auch sein Bassist sind grossartig. Aktuell mag ich gerade
Bilderbuch und Wanda.
Leduc: Ich höre wieder mehr afro-kubanische Musik. Ich probiere gerade Rubén González nachzuspielen und scheitere kläglich.
Leduc: Ich höre wieder mehr afro-kubanische Musik. Ich probiere gerade Rubén González nachzuspielen und scheitere kläglich.
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