David Kohler alias Knackeboul gründete zusammen mit
seinen Freunden im Alter von 14 Jahren die Band „Mundartisten“. 2006 begann er
eine Solo-Karriere als Rapper und war auch als Moderator und Journalist bei DRS
Virus, Zambo, Joiz und SRF tätig. Aktuell arbeitet er unter anderem für Watson
und wird im Januar 2016 sein neues Album „Knacktracks“ veröffentlichen. Am 20. August
wird es mit „Wieder zrügg“ einen Vorab-Release geben. Zeit für ein Gespräch.
Du bist in Portugal aufgewachsen. Was hast du für
Erinnerungen an diese Zeit?
Knackeboul: Vorallem an den
Strand. Als Kind ist das ein Traum wenn du aus der Schweiz kommst. Wir sind
sehr oft am Morgen an’s Meer gegangen. Das ist etwas vom prägendsten und ich
gehe auch jedes Jahr wieder dorthin. Das Gefühl in einem Land zu leben wo du
an’s Meer kannst war riesig. Auf der anderen Seite aber auch die ganzen
sozialen Abgründe, viel Slums und viele Flüchtlinge. Das passt ja eigentlich
nicht so nach Europa. Meine Eltern hatten dort mit Flüchtlingen gearbeitet,
darum habe ich auch an das viele Erinnerungen. Aber auch viele Gute
diesbezüglich.
Freestyler, Beatboxer, Musiker, Moderator, Comedian,
Journalist – von wo kommt diese Vielfalt?
Knackeboul: Ich weiss es
auch nicht genau. Meine Mutter und mein Vater waren sehr verschieden. Meine
Mutter ist eher sprachlich und textlich begabt und war auch Ballett-Tänzerin. Mein
Vater war eher das einfachere Gemüt und ein sehr guter Schlagzeuger. Vielleicht
habe ich einfach von zwei verschiedenen Menschen diese Talente bekommen. Es ist ein Fluch
und ein Segen, so wie alles in meinem Leben. Es ist sicher auch ein „sich nicht
entscheiden wollen für etwas“. Auf der anderen Seite habe ich aber auch das
Gefühl, dass wir in einer Zeit leben, wo alles ein bisschen eklektisch ist und
man sich verschiedenster Elemente bedient. Und eben viele Sachen ausprobiert.
Welcher Moment in deiner Karriere hat dich am meisten
geprägt?
Knackeboul: 2009 war ich auf
Tour mit Delinquent Habits durch ganz Europa. Das waren 36 Konzerte in 7
Wochen. Fast jeden Abend ein Konzert in 10 verschiedenen Ländern. Alles fremde
Sprachen und von einer grossen Tequila-Marke gesponsert. Da habe ich das grosse
Band-Leben erleben dürfen. Auf den grossen Bühnen gespielt vor Leuten, die
keine Ahnung hatten wer ich war und dann hat dieser Typ auch noch in einer
komischen Sprache gerappt.
Du engagierst dich für Menschenrechte – was denkst du
ist diesbezüglich die grösste Herausforderung für die Schweiz?
Knackeboul: Die grösste
Herausforderung ist, dass diese Themen von Parteien und Medien-Konzernen
plakativ bearbeitet werden um die Auflagen zu steigern. Das heisst man weiss,
wenn man schreibt „Eriträer leben wie die Maus im Speck“ kommen zwar 500
Hass-Kommentare, aber am Medium ist das schlussendlich egal. Sie wollen einfach
Traffic und Likes auf ihren Seiten. Alle Medien kämpfen ja irgendwie mit dieser
ganzen Digitalisierung. Ich glaube, dass ist eine schwierige Kombination. Man
schürt dieses Klima der diffusen Angst gegen Ausländer so einfach noch mehr. „Blick
am Abend“ schreibt ja nicht gegen Ausländer, aber sie schreiben dann vielleicht
ein Phänomen in einer plakativen Schlagzeile. Das schürt das Hirngespinst von
der Gefahr. Das ist für mich das grösste Problem. Der breite, latente Rassismus
ist ein Problem. Es ist aber schwierig, das alles kurz zu fassen.
Du hast Musik – und Medienkunst studiert. Wie siehst
du allgemein die mediale Berichterstattung über HipHop in der Schweiz?
Knackeboul: Das ist eine
gute Frage. Ich bin ja dafür auch angeprangert worden. Das ist genau mein
Dilemma. Zum einen sehe ich mich als Künstler, ich habe das, wie du sagst auch
studiert und habe da auch viele abstrakte Sachen gemacht. Zum anderen bewege
ich mich sehr auf kommerziellen und plakativen Plattformen wie Joiz oder „Cover
Me“. Es ist wie bei jeder Kultur: Jemand der sie nicht erlebt, kann sie nicht
richtig darstellen. Deshalb wird sie oft komisch, falsch oder lächerlich
dargestellt. Auf „Cover Me“ bezogen war es für mich eine schwierige Situation.
Dort bestand die Gefahr, dass die HipHop-Kultur klischeeisiert wird, weil das
natürlich funktioniert. Auf der anderen Seite fand ich aber, dass mit den
Künstlern, die ich vorgeschlagen habe und der Art, die ich versucht habe
reinzubringen es mir gelungen ist, die Kultur eben wieder im richtigen Licht
erscheinen zu lassen. Allgemein in der Schweiz glaube ich nicht, dass HipHop so
korrekt erfasst wird in der Grösse die er eigentlich hat. Es ist eine grosse
Kunst-Form mit vielen Verästelungen. Ich glaube kein Medium in der Schweiz gibt
dies wirklich sehr differenziert wieder.
Du rappst seit du 14 Jahre alt bist und bist nun seit
vielen Jahren dabei in der Szene dabei. Wie hat sich diese in der Schweiz
verändert?
Knackeboul: Das ist für mich
etwas schwieriger, weil ich wie eine Zwischen-Generation gewesen bin. Ich bin
nicht aus der Generation Black Tiger, Gleis Zwei oder auch Chlyklass. Ich bin
da später dazugestossen, als die goldige Zeit bzw. der Aufstieg schon wieder
vorbei war. Da war ein Vakuum, eine schwierige Generation zum rappen. Du hast
ja auch mit Ugi gesprochen, er gehört ja auch irgendwie da rein. Es ist etwas
gelaufen, aber es war jetzt nicht mehr so die „woah“-Zeit. Eine Zeit lang hatte
ich viel mit Black Tiger Kontakt. Er sagte zum Beispiel, das war bei uns schon
auch noch ein bisschen der Fall, dass wir nicht mal wussten wie man ein Beat
macht. Wir haben es schon gesehen, aber wir haben nirgendwo eine MPC gefunden.
Wir hatten bei uns in der Region keine Konkurrenz. Weit und breit hat bei uns
niemand gerappt. Sicher mehr als zu Black Tiger – Zeiten, aber eben doch nur
sehr wenige generell in Vergleich zu heute. Das ist sicher eine Entwicklung die
ich sehe. Wenn heute jemand rappt hat er Ehrgeiz und Competition. Er hat durch
neue Medien auch viel besser Zugang zu internationalen Acts. Und gefühlte 3000
Schweizer Acts. Das hat auch einen schlechten Aspekt. Es wird auch viel
scheisse produziert. Auf der anderen Seite gibt es aber auch einen geilen
Aspekt, dass Competition und Ehrgeiz entsteht. Das war bei uns noch nicht in
diesem Ausmass der Fall. Wir haben dies mehr so als Ventil gebraucht und
gemacht um nach dem Arbeiten oder studieren kreativ sein zu können und
abzuschalten. Heute ist Competition und Karriere sicher ein wichtiger Faktor.
Dein neues Album „Knacktracks“ hast du auf einer
Weltreise produziert und warst dabei in LA, Sao Paulo, NY, Amsterdam, Berlin,
Paris und London. Das ist aussergewöhnlich und einmalig zugleich. Wie ist es dazugekommen?
Knackeboul: Ich arbeitete
seit 3 Jahren mit Red Bull zusammen. Die ersten 2 Jahre habe ich Formate von
Ihnen so wie als Job umgesetzt. Sie erfinden ja immer wieder neue Formate in
allen Bereichen und sind weltweit mit der „Red Bull Music Academy“ einer der
grössten Musikvernetzer. Beim dritten Jahr der Zusammenarbeit sind sie auf mich
zugekommen und fragten ob ich eine Idee hätte, die wir gemeinsam umsetzen
könnten. Ich sagte, dass ich ein grosser Fan der RBMA bin, aber leider keine
Zeit habe mich zu bewerben. Jedes von meinen musikalischen Vorbildern hatte
dort sicher mal eine Lecture oder einen Kurs gegeben. Oder hatte ich den Red
Bull-Studios aufgenommen. In der Schweiz sind diese nicht so bekannt und ich
möchte gerne ein Album aufnehmen. Win-Win, dann ist es passiert. Red Bull hat
mir diese Reise finanziert und ich konnte sogar ein Team mitnehmen. Im Gegenzug
ist es für Red Bull sicher eine gute Promo für ihre Studios. Dazu kam dass ich
in der Schweiz auch irgendwo an meine Grenzen kam. Und ich hatte voll Bock und
Lust mein Fernweh zu kombinieren mit meiner Musik. Für mich ist das ein
riesiger Erfolg. Das Album wird aber nicht riesig kommerziell. Alle diese Leute
kennenzulernen und in diesen Studios zu arbeiten, war etwas vom Besten was ich
jemals gemacht habe.
In diesen Studios sind sehr renommierte
Sound-Engineers und Musiker tätig. Wie war da die Atmosphäre und die
Zusammenarbeit?
Knackeboul: Im ersten Studio
in L.A. haben bereits Grössen wie M.I.A. aufgenommen. Vor mir hat 50 Cent aufgenommen,
obwohl er jetzt nicht der innovativste ist, und auch Nicki Minaj war da. Eric
Stenman hat alles diese Alben als Engineer aufgenommen. Das war absolut crazy.
Und ich komme mit meiner Gudrun. Das ist manchmal etwas schwierig, weil es
Loops drauf hat, die noch ein Geräusch draufhaben was da nicht drauf sein
sollte. Ist manchmal etwas schwierig die Gudrun in solch ein Projekt
einzubinden. Ich habe ihm quasi die Gudrun angeschossen und dann hat das „Boom“
gemacht und wir hatten ein tolles Projekt. Teilweise habe ich Beatbox-Loops
gemacht und er hat diese dann in Hi-Hats, Bassdrum und Snares zerlegt, gleich
mit den richtigen Effekten. Es war eine Sprache, die die Leute in der Schweiz
erst noch am lernen sind. Amerika hat zudem auch diesen ausgeprägten
Dienstleistungs-Gedanken. Ich bin mir noch nie so gut aufgehoben vorgekommen.
Alles super speditiv. Ich hatte noch Ideen aber es war alles bereits quasi so
erledigt worden, wie ich es mir vorgestellt hatte. In der Schweiz fehlt
teilweise diese Routine noch. Der ganze Klang, dieses Equipment und die
Atmosphäre war grossartig. Man merkt schon, dass alle diese grossen Künstler
dort aufnehmen. Es ist alles auch superschön eingerichtet. Sogar der Backstage
ist wie ein Fantasieland und es gibt superfeinen Kaffee. Es war sehr schön dies
alles zu schnuppern und als Musiker auch richtig ernstgenommen zu werden. In
der Schweiz kommt leider vielfach die Frage „Und, was machst du noch
beruflich?“. Das ist dort schon anders.
Welche Aspekte sind dir wichtig wenn du Musik
produzierst?
Knackeboul: Lustigerweise
ist mir der Klang am wichtigsten. Wie der Sound tönt ist für mich das A und O.
Darum habe ich mit vielen Schweizer Pop-Produtionen Mühe. Da finde ich dass es
oft berechnend und gut gemacht ist, aber es hat wie keine Seele. Die meisten
Musiker die ich höre sind Klangtüftler. Die haben alte Synthis und haben auf
jeden Fall ihren eigenen Approach. Und haben nicht 10 Plugins von einem Klavier
und einem Drum und machen dann einfach irgendwie. Auf meinem neuen Album sind 3
Songs nur entstanden weil ich den Juno, das ist ein uralter klassischer
analoger Sythesizer von Domi Chansorn, welcher ein crazy Drummer und Musiker
ist, abgekauft habe. Da war noch ein Sound drauf gespeichert und ich habe es
gehört und es war einfach geil. Das hat dann 3 Songs gegeben. Wie Sachen tönen,
wie tönt eine Snare, wie tönt der Bassdrum, wie tönt eine Synthi-Fläche. Ich
liebe es damit rumzuspielen. Damit verkaufst du nicht wirklich viele Platten,
aber es macht mir Spass.
Welche Eigenschaften sind dir als Rapper wichtig? Wie
unterscheidet sich freestylen, bezüglich den Lyrics, im Vergleich dazu wenn man
für ein Album länger Zeit hat um Texte zu schreiben?
Knackeboul: Ich würde jetzt
sagen, ich bin im rappen ähnlich wie im beatboxen. Ich habe mal mit 17 Jahren
an einem Battle teilgenommen. Ich bin nicht der beste Beatboxer der Schweiz,
aber ich kann einfach irgendwie beatboxen. Ich habe einfach das musikalische
Gespür. Bei den Texten ist es ähnlich. Ich will mich einfach irgendwie
ausdrücken und habe die Mittel dazu. In den letzten 7 Jahren habe ich nicht
daran gefeilt den perfekten Flow hinzukriegen. Es ist schwierig zu sagen. Ich
bin nicht der Ober-Techniker. Wenn ich dies meinem Ego vor 5 Jahren gesagt
hätte, dann würde ich mich über diese Aussage nerven. Ich wollte eine Zeit lang
natürlich der schnellste und technisch perfekte Rapper sein. Inzwischen bin ich
da etwas lockerer geworden. Leute, die Teile von meinem neuen Album bereits
gehört haben, haben mir vorgeworfen es töne wie Skor oder Manillio. So à la
nachgemacht. Obwohl es eigentlich ein Kompliment ist. Ich habe probiert es
einfach mal etwas ruhiger angehen zu lassen und mehr Soul einfliessen zu
lassen. Einfach etwas zurückgelehnter.
Welche Musik hörst du im Moment selber?
Knackeboul: Mein absoluter
Lieblingstrack seit 3 Monaten ist von Alexander und heisst „Truth“. Vom
Breaking Bad – Soundtrack. Ist ein Singer/Songwriter aus Los Angeles und hat auch
einen Remix gemacht mit RZA. Ist mehr so Country/Folk aber er rappt irgendwo
doch auch fast. Sonst noch Action Bronson, die Orsons, die höre ich zwar nicht
viel aber ich finde die geil und Lance Butters aus Deutschland. Aber auch Kanye
West, Kendrick Lamar und speziell A$AP Rocky. Seit ich sein Interview bei der
RBMA gesehen habe als Mos Def, sein Vorbild, dazu kam. Die haben dann eine
Stunde geredet. Das hat auch wie ein anderes Licht auf den Typen gegeben. Wenn
man nur die Videos kennt, könnte man denken er sei sehr verdorben, Drogen,
frauenverachtend etc. Er ist aber ein Gesamtkunstwerk. „L$D“ ist super. A$AP
höre ich fast noch mehr als Kendrick Lamar. Kendrick ist auch geil, aber sein
Album halt auch einiges anstrengender.
Und zum Schluss noch dies…
Massive Töne oder Freundeskreis?
Schwierig, schwierig. Kommt darauf an. „Cruisen“ von den Massiven geht nicht. Max Herre auch weniger. Wenn du „Quadratur des Kreises“ nehmen würdest dann FK. Wenn du „Überfall“ nehmen würdest dann MT. Es kommt darauf an welche Ära. Aber generell eher FK.
Schwierig, schwierig. Kommt darauf an. „Cruisen“ von den Massiven geht nicht. Max Herre auch weniger. Wenn du „Quadratur des Kreises“ nehmen würdest dann FK. Wenn du „Überfall“ nehmen würdest dann MT. Es kommt darauf an welche Ära. Aber generell eher FK.
Trap oder Reggae?
Trap. Oh wow, es ist sehr schwierig. Ich mag Bob Marley sehr, entscheide mich aber für Trap.
Trap. Oh wow, es ist sehr schwierig. Ich mag Bob Marley sehr, entscheide mich aber für Trap.
OpenAir oder
Club-Gig?
Club-Gig
Club-Gig
Graffiti oder
Breakdance?
Graffiti
Graffiti
Youtube oder
Soundcloud?
Soundcloud
Soundcloud
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