Samstag, 20. Februar 2016

„Mir ist wichtig, dass ich jetzt viele Erfahrungen sammeln kann und mit diesen Erfahrungen dann hoffentlich gute Entscheidungen treffe“


Der 16 Jahre alte Rapper Nemo ist das grosse Nachwuchstalent in der Schweizer Rapszene. Zuletzt bewies er dies mit einer grandiosen Performance beim Bounce Cypher 2016. Zeit für ein Gespräch.

Tom: Die Schweizer Rap-Szene hat in dir ein junges und grosses Talente gefunden. Quasi einen Rohdiamant. Wie wertest du dies selber und wie gehst du damit um?

Nemo: Das ist eine sehr gute Frage. Ich merke natürlich, dass Reaktionen da sind. Die Leute reagieren auf mein Output und ich spüre sehr, dass ich wahrgenommen werde. Das ist schön. In den letzten Tagen, gerade nach dem Bounce Cypher, hat sich dies auch noch verstärkt. Der Cypher hat in gewisser Weise einen Überraschungs-Effekt ausgelöst und jetzt besteht plötzlich mehr Interesse an meiner Musik. Das Ganze kommt einem etwas surreal vor. Natürlich verspürt man durch dieses Interesse jetzt auch einen gewissen Druck. Der gehört aber natürlich dazu.

Tom: Was sind deine nächste Ziele?

Nemo: Ich möchte eine EP rausbringen, die meinen eigenen Style widerspiegelt und im besten Fall ein paar Leute dazu zu bringen, sich diese auch herunterzuladen. Wenn ich dann noch ein paar Liveshows spielen könnte, wäre mein Ziel eigentlich schon erfüllt.

Tom: Deine Karriere entwickelt sich aktuell rasant nach oben. Hast du manchmal das Gefühl das alles zu schnell geht?

Nemo: Ich habe mir diesen Gedanken aktuell auch gemacht. Es ist schon alles plötzlich relativ schnell gegangen. Die Erwartungshaltung der Leute ist nun halt die Konsequenz davon. Es hat aber natürlich vorwiegend sehr viele positive Effekte. Ich freue mich riesig darüber, dass so viele Menschen auf mich aufmerksam geworden sind.

Tom: Kommen wir zur Musik. Wenn ich dich als MC analysiere stelle ich fest, dass du einen krassen Flow hast und auch das Tempo gut varieren kannst. Zudem hast du ein unfassbar gutes Takt – und Rhythmusgefühl hast. Wo siehst du selber als deine Stärken?

Nemo: Vielen Dank! Ich setze mich aber meistens nicht an ein Lied und denke: „Das ist meine Stärke und die muss ich im Song zum Vorschein kommen lassen“. Ich mache einfach das, worauf ich gerade Lust habe. Vielleicht habe ich darum gar keine Eigenschaft, bei der ich sagen kann, dass sie meine stärkste ist. Was mir aber im Moment am meisten Spass macht, ist Gesang mit Rap zu verbinden. 

Tom: Das möchte ich gerne vertiefen. An der Bounce Cypher hast du die Zeile „I bine Sing-Sang Rapper, aber wenn de Pablo rüeft, de bring i Bretter“ gedroppt. Du bewegst dich an der Schnittstelle von Rap und Pop. Was ist reizt dich da am meisten?

Nemo: Ich habe in letzter Zeit gemerkt, dass mir singen eigentlich genau so viel Spass macht, wie rappen. Hip Hop alleine ist cool. Aber im Moment finde ich die Kombination aus Rhythmen und Melodien viel spannender. Ich schreibe quasi einen Rap-Rhythmus auf einen Beat und versuche dann eine Melodie reinzubringen. Das hört man in vielen Songs bei mir. Ich kann ich nicht mehr sagen jetzt rappe ich einen Part und jetzt singe ich eine Hook. Es entsteht einfach aus einem Gefühl heraus.

Tom: Produzierst du auch deine Beats selber?

Nemo: Ich mache meistens die Skizzen selber, vor allem jetzt für die kommende EP. Danach hole ich mir Feedback rein und produziere die Beats allenfalls auch mit anderen Produzenten aus.

Tom: Welche Aspekte sind dir generell wichtig wenn du Texte schreibst?

Nemo: Am liebsten habe ich es, wenn ein Song ohne unbedingt etwas sagen zu wollen, etwas sagt. Das klingt vielleicht im ersten Moment etwas paradox und ist auch schwierig zu erklären. Ich finde einfach sobald ein Textinhalt aufgezwungen scheint, kommt es nicht mehr authentisch rüber. Ich hatte weder ein Leben im Ghetto, noch einen schlimmen Schicksalsschlag. Deshalb rappe ich auch nicht über solche Dinge. Was ich kann, ist aus meinen persönlichen Erfahrungen Lieder zu machen. Die Sicht eines 16-jährigen, kann auch etwas spezielles sein.

Tom: Du bist wie erwähnt 16 Jahre alt. Denkst du, dass du deinen Stil bereits gefunden hast?

Nemo: Ich denke schon, dass ich diesen Stil mit Rap und Gesang in den nächsten Jahren verfolgen werde. Aber Genre-Mässig kann sich noch viel verändern. Es könnte aber auch irgendwann mal Richtung Jazz, Funk oder sogar Pop gehen. Ich weiss es nicht.

Tom: Welche Musik hörst du aktuell selber?

Nemo: Ich höre eigentlich jeden Tag etwas anderes. Gerne mal Ami-Rap wie Childish Gambino, Kendrick Lamar, A$AP Rocky, J. Cole und Logic, Aber auch sehr gerne Jazz. Mega geil finde ich, wenn man Hip Hop und Jazz fusioniert. 

Tom: So wie bei Thundercat oder Kamasi Washington?

Nemo: Genau. Oder auch „Baby Blue“ von Action Bronson. Das ist so ein bisschen Pop, Jazz und Rap. Eine perfekte Mischung, finde ich.

Tom: Von wo stammt dein Interesse für Jazz?

Nemo: Gute Frage. Wir sind früher mit der Familie oft an Jazz-Konzerte gegangen. Ich habe auch 5 Jahre Opern und Musicals gesungen. Darum ist wohl diese Vielseitigkeit bei mir entstanden. Auch Funk habe ich sehr gerne, manchmal sogar lieber als Jazz. Wenn es richtig groovt, dann ist es einfach das geilste. Da könnte ich gleich darauf rappen. Klassik mag ich nicht mehr so gerne, obwohl ich dies auch lange gemacht gehört habe. Mozart ist zwar fresh, aber Jazz und Funk gefallen mir aktuell viel besser.


Foto: Simon Marti


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