Aktuell ist das neue Album „Maxilla“ der Luzerner Crew
Moskito erschienen. Ein facettenreiches und aussergewöhnliches Werk. Rapper
Luzi Rast äussert sich darin tief und pointiert über persönliche Themen und
über das Weltgeschehen. Bei Moskito muss man gut zuhören um den Zugang
vollständig zu erlangen. Für die souligen und spacigen Sounds ist der Produzent
Flew zuständig. Das stimmige Klangbild runden Gesangssequenzen von Little Miss
Sunshine ab. Wir sprachen mit Luzi über abgebrochene Studien, Offenheit und über die
Entwicklung von Rap in der Schweiz.
Wortmaler: Kannst
du uns etwas über den Entstehungsprozess vom „Maxilla“ erzählen?
Luzi: Das ist nun das zweite Album, dass ich mit
meinem Produzenten Flew realisiert habe und deshalb waren wir bereits
aufeinander eingespielt. Für dieses Album haben wir das Ganze nun noch etwas
ausgebaut. Wir beide haben unser Studium abgebrochen und hatten deshalb viel
Zeit und wir haben diese auch genutzt. Wir haben so 2, 3 Locations wo wir
sounden können. Meistens schickt mir Flew Beats oder Skizzen und dann erfahre
ich so den Vibe in welche Richtung es gehen könnte. Anschliessend schreibe ich,
auch so skizzen-mässig, etwas und schicke es ihm wieder zurück. Er passt den
Beat dann an und es geht wieder hin und her. Für mich ist das eine schöne
Arbeitsweise. Schlussendlich gehen wir dann aber in’s Studio und erarbeiten
zusammen das Endprodukt.
Wortmaler: Entstehen
deine Tracks aus dem Moment heraus oder lässt du eine Song-Skizze auch mal
mehrere Monate liegen?
Luzi: Das ist unterschiedlich. Ich habe Themen oder
Bilder die ich mir notiere. Wenn ich dann Beats erhalte, schaue ich diese Notizen
immer durch. Vielleicht kann ich etwas davon verwenden, wenn das Thema oder der
Vibe stimmt. Es kam auch schon vor, dass ich Flew gesagt habe, über was ich
schreiben möchte und er hat dies dann interpretiert. Oder ich habe einfach
etwas auf einem fremden Beat aufgenommen. Bei diesem Album haben wir aber
intensiv, fast täglich, daran gearbeitet und so sind schon viele Songs aus dem
Moment heraus entstanden. Aus Jam-Sessions heraus, sozusagen. Manchmal haben
wir einen Track etwas ruhen lassen und haben dann am nächsten Tag dort
weitergearbeitet.
Wortmaler: Du
hast dein Studium abgebrochen. Was für einen Einfluss hatte dies auf „Maxilla“?
Luzi: Es hatte vorallem einen Einfluss auf das erste
Album. Flew und ich hatten das Studium unabhängig voneinander abgebrochen und
sind dann in diese Welt eingetaucht. Dann sagten wir uns „OK nun reissen wir
das“. Es hatte vorallem den Einfluss, dass wir in den letzten 2 Jahren so in diesen
Musiker-Lifestyle hinein gekommen sind. Dieser kann sehr streng sein, bietet
dir aber auch viele Freiheiten. Es ist nicht durchstrukturiert. Dieser
Lifestyle als solches hatte grossen Einfluss auf dieses Album. Wir konnten voll
in das Ganze eintauchen und waren nicht abgelenkt.
Wortmaler: Eure
Musik fordert den Zuhörer auf, dass er sich mit ihr beschäftigt. Ist dies für
dich als Künstler ein zentraler und wichtiger Punkt?
Luzi: Ich finde nicht, dass dieser Anspruch zwingend
sein muss, wenn man Rap macht. Es ist genauso wichtig, dass es oberflächliche
Musik gibt. Ich höre auch nicht immer anspruchsvolle Musik. Ab und zu benötige
ich auch einen Party-Track. Zum Beispiel einen stupiden Trap-Song. Ich nehme
mir nicht vor möglichst anspruchsvolle Musik zu machen. Für mich ist es
schwieriger, einen einfachen, zugänglichen Song zu schreiben als einen
anspruchsvolleren. Eigentlich habe ich aber nicht den Anspruch, dass es extrem
deep oder poetisch sein muss. Das passiert einfach während dem Schreiben. Unser
Album fordert einiges ab von seinem Zuhörer, das stimmt. Ich finde dies aber
einen schönen Aspekt, denn ich auch immer etwas verteidige. Man soll sich Zeit
nehmen für die Musik. Musik ist für jeden Menschen sehr wichtig. Ich glaube
auch, dass vielfach die Musik wachsen muss oder sich erst nach einer gewissen
Zeit offenbart. Das ging teilweise etwas verloren mit dieser
Internet/Soundcloud-Mentalität. Ich schliesse mich da mit ein – aber ich will
mir bewusst Zeit nehmen um Musik genau durchzuhören.
Wortmaler: Viele
Leute aus der Rap-Szene halten dich für extrem talentiert oder unterschätzt. Nimmst
du das wahr? Ist das eher Druck für dich oder interessiert dich das gar nicht?
Luzi: Dieses underrated-Ding gefällt mir eigentlich
gut. In dieser Position fühle ich mich wohl. Es ist nicht unbedingt Druck, es
hält mich wach. Du bist nie angekommen, du bist immer am machen. Das ist eine
schöne Position. Ich finde es natürlich cool, dass viele Leute aus der
HipHop-Szene unsere Arbeit schätzen. Es gibt auch Leute die sagen „das ist ja
gar kein HipHop mehr“. Aber viele Leute aus der Szene feiern unsere Musik und
das freut mich. Ich komme vom HipHop und liebe HipHop. Schlussendlich machen
wir zwar einfach unser Ding und wenn die Leute uns nicht folgen können, dann
ist das halt so. Mich interessiert aber schon, was die HipHop-Szene darüber
denkt, weil ich eben aus dieser komme.
Wortmaler: Deine
Texte sind tiefgründig und subversiv. Was ist dir bei deinen Texten inhaltlich
am wichtigsten?
Luzi: Musikalisch gesehen ist mir Atmosphäre am
wichtigsten. Du musst als Hörer in einen Film kommen, wo dir Bilder durch den
Kopf schiessen. Textlich nehme mir nicht vor sehr subversiv zu schreiben. Mir
ist aber wichtig, dass ich mich mit meinem Umfeld und der Welt auseinander
setze. Ich finde es wichtig, dass man sich Gedanken darüber macht. Das fliesst
bei mir automatisch mit ein. Stimmung ist auch wichtig. Neben den persönlichen
Sachen ist auf diesem Album auch ein politischer Aspekt miteingeflossen. Es
passiert extrem viel auf dieser Welt. Es passiert sehr viel scheisse. Es
überfordert uns und es ist eine Art Reizüberflutung. In unserem Umfeld sprechen
wir sehr viel darüber. Es ist mir wichtig, dies dann in einem Song zu
verpacken.
Wortmaler:
Welche Werte sind dir im Leben wichtig?
Luzi: Offenheit. Das ist ein Grundzug, den man
dringend pflegen sollte. Etwas kindliches vielleicht, so dass man nicht
voreingenommen ist. Bezogen auf Religion oder Hautfarbe zum Beispiel. Man
sollte das Gedankengut von anderen Kulturen nicht einfach ausblenden. Man soll
es zulassen und dann aber differenzieren. Du sollst selber deinen Kopf
gebrauchen.
Wortmaler: Gibt
es einen Moment der dich am meisten geprägt hat?
Luzi: Ein wichtiger, einschneidender Punkt war als ich
mit 16 Jahren die Kanti geschmisssen habe und mit einem Kollegen zusammen
abgehauen bin. Wir sind Richtung Süden abgehauen und wollten die Welt sehen. Aber
nicht so nach dem Motto „Hey alles ist scheisse“. Es war einfach ein naiver
Gedanke. Mit vollbepacktem Rucksack und Skateboards sind wir losgezogen. Wir
wollten nicht einfach in unseren Schulen oder in unserer Stadt steckenbleiben.
Das war ein verdammt wichtiger Moment. Mein Leben ist da, in einem positiven
Sinn, aus den Fugen geraten. Anschliessend war es ein bisschen ein Hin und Her
zwischen Arbeit, Schule und Freizeit. Da hat mich zudem gemacht, was ich jetzt
bin. Ich möchte das aber nicht verherrlichen. Meine Eltern haben da sehr
gelitten. Ich wäre aber heute bestimmt nicht an diesem Punkt wo ich jetzt bin, wenn
das nicht gewesen wäre. Wir haben einfach die Freiheit geschmeckt.
Wortmaler: Wer
oder was inspiriert dich?
Luzi: Sehr viel Musik. Vielfach Sachen die nichts mit
HipHop zutun haben. Viel Instrumentales. Es lässt dir einfach viel Platz zum
interpretieren und ist anders als wenn dir jemand immer in’s Ohr rappt. Da kann
ich mir meine eigenen Gedanken bilden. Auch Filme oder Dokumentationen. Und
dann noch mein Umfeld. Wir haben viele Leute um uns herum, die ihr eigenes Ding
durchziehen. Sehr viele kreative Leute, die sehr ambitioniert sind. Wir
inspirieren und treiben uns gegenseitig an. Ich spreche da nicht nur von Musik,
es gibt noch viele andere Bereiche. Für uns alle in Luzern ist dies eine grosse
Inspiration.
Wortmaler: Aktuell
ist Rap aus der Schweiz wieder regelmässig an vorderster Front in den Charts
präsent. Die einstige Subkultur hat sich teilweise Richtung Mainstream bewegt. Wie
beurteilst du diese Entwicklung?
Luzi: Sehr positiv. Als wir 2008 mit GeilerAsDu
begonnen haben Rap zu machen, waren wir wie in einem Loch drin. Es gab früher
diesen Hype mit Wrecked Mob und nachher gab es in Luzern lange nichts oder
wenig. Heutzutage gehen die Kids wieder drauf ab. Ich finde es wichtig, dass es
Schweizer Rap gibt. Zum Beispiel Eldorado FM kann nur so in diesem Land
entstehen. So diese Art, das ist nicht kopiert, das ist Schweizer Rap. Mit dem
können sich die Leute identifizieren, das finde ich schön.
Wortmaler: Was für Musik hörst du im Moment selber?
Wortmaler: Was für Musik hörst du im Moment selber?
Luzi: Ich höre sehr viel von diesen Beatnerd-Sachen.
Mit Flying Lotus hat sich für mich wie eine neue Welt geöffnet. Da kann man
sich richtig reinnerden. Ich höre auch viel Jazz. Nehme dies dann aber nicht so
analytisch auseinander, mehr als Hintergrund-Musik. Ich habe dies auch von
meinem Vater mitbekommen. Und ich höre viel Rap. Immer noch. Ich interessiere
mich für alles was releast wird. Aktuell gibt es soviel guten und vielseitigen
HipHop. Kendrick Lamar, Schoolboy Q und Ab-Soul sind so meine Favoriten. Diese
Attitüde gefällt mir einfach am besten. Sie erreichen eine gute Mischung aus conscious und gangsta.
Und zum Schluss noch dies…
Indie oder
Techno?
Techno
Techno
Baze oder Tommy
Vercetti?
Das ist schwierig. Baze.
Das ist schwierig. Baze.
Kendrick Lamar oder Earl Sweatshirt?
Ich feiere beide. Kendrick Lamar. Geht noch eine Runde weiter.
Ich feiere beide. Kendrick Lamar. Geht noch eine Runde weiter.
OpenAir oder
Club-Gig?
Mit Moskito Club-Gig. Der Rahmen im Club passt besser. Wir haben letztes Jahr am B-Sides gespielt mit einem Slot in der Nacht. Das war sehr geil. Aber Moskito am Tag ist nur halb so geil. Der Vibe kommt geiler wenn es dunkel ist.
Mit Moskito Club-Gig. Der Rahmen im Club passt besser. Wir haben letztes Jahr am B-Sides gespielt mit einem Slot in der Nacht. Das war sehr geil. Aber Moskito am Tag ist nur halb so geil. Der Vibe kommt geiler wenn es dunkel ist.
Breaking Bad
oder die Sopranos?
Breaking Bad
Breaking Bad
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